"Emotionale KI: Was bedeutet sie für unser Menschsein?"
Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant – und mit ihr wachsen die Fragen nach ihrer Wirkung auf unsere Gesellschaft, unsere Werte und unser Selbstverständnis als Menschen. Genau hier setzt der öffentliche Vortrag des international renommierten Bonner Philosophen Prof. Dr. Markus Gabriel an:
Mit der rasanten Verbreitung und Skalierung interaktiver „conversational AI“ (wie ChatGPT, Claude u. a.) hat sich eine unerwartete Entwicklung vollzogen, die ich als „emotionale Wende“ bezeichne. KI-Systeme beginnen, Sprache nicht mehr primär als Medium von Wissen, Argumentation und Wirklichkeitsbeschreibung zu behandeln, sondern als Träger verborgener emotionaler Signale. Sie erkennen affektive Muster, lesen zwischen den Zeilen und nähern sich damit jenem Bereich, den wir lange als letzte Bastion des Menschlichen verstanden haben: unseren Gefühlen, inneren Spannungen und unausgesprochenen Regungen. Diese Verschiebung transformiert den Intelligenzbegriff der KI grundlegend. Sie simuliert nicht mehr nur Rationalität, sondern dringt in die Tiefen unseres emotionalen Selbstverhältnisses vor. Im Vortrag rekonstruiere ich diese Entwicklung und frage, wie wir unser Menschsein im „magischen Spiegel“ der conversational AI neu verstehen und erlernen müssen.